Porenarme, druckdichte Bauteile sind kein Zufall: Mit High‑Pressure‑Die‑Casting (HPDC) für Aluminium‑Druckgussteile, sauberem Schmelze‑Management und einer simulationsgestützten Formauslegung lassen sich Porosität, Kaltschweißstellen und Lunker drastisch reduzieren – und damit Ausschuss, Nacharbeit und Reklamationen. Diese anonymisierte Case Study zeigt bewährte Stellhebel aus der industriellen Praxis.
Ausgangssituation (anonymisiert)
Bauteil: Elektronik‑/Mechatronik‑Gehäuse mit Dichtflächen, Sichtflächen und Gewinden.
Anforderungen: Druckdichtheit, enge Gusstoleranzen (DIN EN ISO 8062‑3), gute Wärmeabfuhr.
Problem: Röntgenbefunde zeigten Gasporosität in der Dichtfläche und Schrumpfporen in einem massiven Knotenbereich. Ausschussquote: spürbar über Ziel.
Analyse & Simulation
Füllbild‑Simulation: Turbulenzen und Lufteinschlüsse in der letzten Füllzone → Anpassung von Anschnittquerschnitten und Überlaufpositionen.
Thermik: lokale Hot‑Spots → ungleichmäßige Erstarrung, Schrumpfporenrisiko.
Prozessdaten: unruhiger Phasenwechsel (langsam/schnell), schwankende Werkzeugtemperatur, Trennmittel‑Einfluss.
Maßnahmenbündel (Best Practices)
Vakuum‑Druckguss: aktive Entlüftung der Kavität, optimierte Ventquerschnitte.
Überlauf/Entlüftung neu ausgelegt: Überläufe näher an letzte Füllbereiche, definierte Reinigungsstrategie.
Einspritzprofil optimiert: klarer Umschaltpunkt, stabile Nachdruckphase (Intensivdruck).
Thermomanagement: angepasste Formtemperierung, lokale Squeeze‑Pins zur Kompression von Hot‑Spots.
Schmelze‑Qualität: rotierende Entgasung/Filtration, saubere Löffel‑/Ofenführung, reduzierte Oxidhaut.
Trennmittel‑Management: Dosierung/Applikation standardisiert, Feuchte kontrolliert.
Dichtflächenstrategie: definierte Bearbeitungszugaben, funktionsorientiertes CNC‑Finish.
Ergebnisse (typische Verbesserungen)
Porositäts‑Hot‑Spots eliminiert, Porenfeinheit deutlich reduziert.
Ausschussquote von ~8 % auf ~2 % gesenkt (Richtwert aus vergleichbaren Projekten).
Dichtheits‑Passquote > 99 % erreicht; Röntgen‑PPM markant verbessert.
Zykluszeit stabilisiert, weniger Nacharbeit/Sortierung.
Wichtig: Zahlen sind projektspezifisch und dienen als realitätsnahe Bandbreite. Entscheidend ist das konsequente Zusammenspiel aus Simulation, Werkzeug, Prozessführung und Qualitätssicherung.
Lessons Learned
Simulation zuerst: Jede Geometrie braucht ihr eigenes Füll‑/Entlüftungskonzept.
Vakuum ist der Game‑Changer für dichte Dichtflächen.
Temperatur diszipliniert fahren: Thermal Drift ist Poren‑ und Verzugstreiber.
Schmelze ist Rohstoff & Risiko zugleich: Entgasung/Filtration sind Pflicht.
DFM zahlt die Rechnung: Wände harmonisieren, Radien, Kerne kritisch prüfen.
Prüf‑ & Qualitätskonzept
Inline‑Überwachung: Schussdaten, Formtemperaturen, Schmierzyklen.
Prüfungen: Röntgen/CT nach Stichprobenplan, Druck‑/Helium‑Lecktest, metallographische Schliffe.
Dokumente: Erstmuster (PPAP/VDA), MSA, Cp/Cpk, Rückverfolgbarkeit über Chargen/Losnummern.
Alternative Verfahren – wann umschwenken?
LPDC (Niederdruckguss): bei größerer Wanddicke und hoher Dichtheitsanforderung.
Kokillenguss (Permanentformguss): Top‑Oberflächen/Genauigkeit bei moderaten Wandstärken.
Sandguss: für sehr große Bauteile/Kleinserien.
Feinguss: für filigrane Details/komplexe Strukturen (auch jenseits von Al).
Audit‑/Projekt‑Checkliste (Download‑fähig auf Wunsch)
Zeichnung/3D (STEP) + DIN EN ISO 8062‑3/GD&T
Porositäts‑/Dichtheitsspezifikation & Prüfplan
Legierung/Schmelzeführung, Ofen‑Konzept
Formtemperierung, Vakuum, Entlüftung/Überläufe
Einspritzprofil/Umschaltpunkt/Nachdruck
Oberflächen/Finish, Logistik, Verpackung
FAQ
Reicht Simulation allein aus? Nein. Simulation zeigt Tendenzen; Prozessdisziplin (Vakuum, Temperatur, Schussprofil) macht den Unterschied in der Serie.
Ist Vakuum immer nötig? Bei Dichtflächen und Sichtflächen meist ja – zumindest als Absicherung gegen Gasporosität.